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AutorenbildKolinda Groe

Selbstwertgefühl - Schlüssel zum Beziehungsglück

Wieso der Richtige erst dann auftaucht, wenn man ihn nicht braucht ;)


„Ich bin nichts wert.“ Ich öffne die Augen und starre an die Decke. Dieser Gedanke begleitet mich fast schon mein ganzes Leben. Doch erst in letzter Zeit bin ich mir überhaupt bewusst, dass er sich wie ein Parasit in meinem Kopf festgebissen hat und mich so traurig macht. Ich liege noch lange im Bett, viel zu lange. Ich habe einfach keinen Antrieb, keine Energie. Aufstehen, am Leben teil nehmen… wozu überhaupt? Wenn ich ohnehin nichts wert bin, was habe ich dann auf dieser Welt verloren? Ich fühle mich dem Leben ausgeliefert, machtlos, ohne Ziel… und mutterseelenallein.



Auf meinem Weg in die Küche schaue ich aufs Handy: Keine Whatsapp, keine Einzige. „Er wartet wohl darauf, dass ich ihm zuerst schreibe.. aber da hatte er sich geschnitten!“ Ich beiße mir auf die Lippe und schalte das Handy auf Flugmodus. Es macht ein dumpfes Geräusch während ich es unsanft auf den Küchentisch ablege.


Warum musste diese Sache mit der Beziehungskiste immer so kompliziert sein?!

Warum konnte ich nicht einfach nen normalen Typen finden, der mich liebt, so wie ich bin und bei dem ich nicht um Liebe, Anerkennung und Bestätigung kämpfen muss?! In meinem Herzen breitet sich einmal mehr dieses Gefühl aus, es heißt: ICH BRAUCHE.. und es fühlt sich nach Leere, Verzweiflung und eben WERTLOSIGKEIT an. Denn offensichtlich ist, dass mein Bedürfnis nach Jemandem, für den ich das wertvollste auf der Welt bin und der alles für mich tun würde, wohl niemals erfüllt werden wird. Meinen Helden gibt es anscheinend nicht.. zumindest nicht für mich. Der Schmutziges-Geschirr-Stapel in der Spüle, starrt mich an als würde er sagen: „Sieh hin! Dein Leben und Deine Beziehungen sind genau wie ich: ein einziger Haufen schmutziger Scherben.“


4 Jahre später…

Bumi schnurrt, während er sich mit seinen grauen Pfötchen voran auf meinen Brustkorb legt. Ich schaffe es kaum die Augen zu öffnen, es ist bestimmt noch nicht einmal 6.00 h morgens… „er ist einfach der süsseste Wecker“ denke ich mir und lächle in mich hinein. Dabei versuche ich wenigstens ein Auge zu öffnen, bringe aber nur ein unbeholfenes Schielen zustande. Verschwommen taucht das pummelige Katzengesicht in meinem Sichtfeld auf und schaut mir direkt in die Augen. „Hallo Bummel, guten Morgen“ - Der Kater schnurrt weiterhin wie ein Traktor vor sich hin und genießt es ganz offensichtlich, dass ich meine Hände in seinem dichten Fell vergrabe.


Rechts von mir bewegt sich ein schlafender Berg in dem ikeanischen Boxspringbett und grunzt verträumt irgendwas vor sich wie „… will schlafen… still sein“..


ER ist es. Mein bester Freund, Gefährte, mein Held und Beschützer, Geliebter, Ehemann.

Und wieder überkommt mich ein Lächeln und mit ihm eine tiefe Freude und Dankbarkeit. Es macht nichts, dass er mein Lächeln nicht sieht, vor sich hin grummelt. Denn ich brauche es NICHT: die Anerkennung, die Bestätigung. Überhaupt brauche ich gar nichts von ihm. Und doch gibt er mir alles. Freiwillig. Ich fühle mich geliebt, heil und wertgeschätzt. Ich küsse den schlafenden Riesen. Als ich mich augenreibend aus dem Bett schäle, springt auch die kleine, dicke Katze aufgeregt herunter und trottet auf dem Weg in die Küche, voller Vorfreude auf Huhn mit Thunfisch, neben mir her.


Diese zwei Leben könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch ist es ein und dasselbe: Mein Leben.

In den letzten Jahren ist viel passiert; ich war zu meinen Eltern gezogen und da wieder weggezogen, habe Beziehung um Beziehung hinter mich gebracht, Schulden abbezahlt und von Fertigfutter aus der Mikrowelle gelebt. Krank geworden, mir die Stimmbänder und damit meine Existenz geschrottet, dann mich und meinen Stimmapparat wieder in Gang bekommen und mich finanziell wieder aufgerappelt. Den Ikea in Frankfurt fast leergekauft und einen Gig nach dem anderen gespielt. Im Grunde habe ich immer wieder von null angefangen..


Doch vor ungefähr vier Jahren geschah etwas Entscheidendes: ich beschloss endlich auf die Reise zu gehen, eine Reise die niemals endet aber immer interessanter und aufregender wird je weiter man voranschreitet:


... die Reise ins Ich.

Der Groschen fiel, als ich eines Abends, alleine in meiner gerade bezogenen, leeren Wohnung saß und realisierte, dass ich durchweg die einzige Konstante in all meinen Beziehungen war und alle auf eine ähnliche Art und Weise geendet hatten. Es war ganz deutlich ein Muster zu erkennen. Sogar die Männer, mit denen ich zusammen gewesen war, hatten mir unabhängig voneinander gespiegelt, „was mit mir nicht stimmte“. Ja was stimmte also nicht mit mir?


Der Leidensdruck war gross und ich war müde. Umso wichtiger war es herauszufinden wieso in meinem Leben nichts funktionierte, angefangen bei meinen Beziehungen. Wieso traf ich immer auf die Männer, bei denen ich um Liebe kämpfen musste, mich ins Zeug legen musste um wertgeschätzt und begehrt zu werden? Ich beschloss die Muster ein für alle mal zu durchbrechen, mein Unterbewusstsein unter die Lupe zu nehmen um zu sehen, wo ich falsch programmiert war, denn ich war ganz sicher nicht bereit so weiterzumachen.


Die Antwort war so simpel und gleichzeitig kompliziert:


Mein Denken war das Problem denn es verzerrte und kontrollierte meine Wahrnehmung.

Aus jeder Aktion und Reaktion, die von Aussen kam las ich: „Ich bin ihm nicht gut genug“. Ich suchte förmlich nach Beweisen für meinen Glauben: ICH BIN NICHTS WERT, das war meine Religion. Und ich war eine wahrhaft

Gläubige, eine Märtyrerin des Leidens! Wenn man einen Gedanken glaubt, wird man genau zu dem, was man glaubt zu sein. So sah ich meine ganze Welt und die Menschen darin 


durch diesen Filter und alles was sie taten, sagten oder vermeintlich dachten, war ein Beweis dafür, dass ich nicht wertvoll, nicht liebenswert und NICHT GENUG war.


Schliesslich fing ich an in mich zu gehen, um die Wahrheit hinter dem Ego zu finden, und wurde mir all dessen bewusst. Ich erkannte, dass Selbstwertmangel automatisch Bedürftigkeit zur Folge hatte: die verzweifelte, nie endende Suche nach Liebe und Anerkennung… und ich brauchte die Anerkennung nicht nur, ich hungerte förmlich danach!


Das Spiel war fast immer das Gleiche: sobald die Aufmerksamkeit eines Mannes mir gegenüber nachließ, fühlte ich in meinem Inneren ein Ziehen, eine ungesunde Sehnsucht und die Bereitschaft mich zu verbiegen, mich selbst zu verleugnen um ihm zu gefallen. Dann, wie sollte es anders sein, lies auch das Interesse des Mannes ganz schnell nach, als er bemerkte, dass ich ihn brauche, dass mein Glück von IHM abhängt.


Ich hatte mich selbst vergessen und so war ich unattraktiv für ihn geworden.

Ich hatte meine Integrität und ALLES was mich ausmachte gegen die Illusion der Sicherheit eingetauscht, dass er bei mir bleiben würde, wenn ich es ihm nur recht machte. Doch vor Allem hatte sich MEINE Wahrnehmung von MIR selbst verändert und das hatte das Ende jeder Beziehung eingeläutet! Ich betrachtete mich als ihm nicht ebenbürtig und stellte ihn innerlich auf ein Podest. Wenn das Selbstwertgefühl niedrig ist, ist die Gefahr sehr groß, dass man in diese Falle tappt und glaubt, den anderen nicht zu verdienen.


Wie bei einem Alkoholiker, der eine Weile trocken war aber in Stresssituationen dann doch zur Flasche greift, griff ich nach dem Werkzeugkasten auf dem stand „Ich bin nichts wert“ und spulte all die Verhaltensweisen ab, die vermeiden sollten, dass ich verlassen werde. Mein ganzes Leben hatte angefangen sich um die andere Person zu drehen. Und so war ICH selbst auch eine Andere geworden. Ich war nicht mehr die Frau, die er respektierte und in die er sich verliebt hatte, denn ich respektierte mich selbst nicht. Und so nahm er mich auch nicht mehr als ebenbürtig wahr.



Weil ich so verzweifelt war und die Leere in meinem Inneren so groß, prüfte ich nicht wirklich mit wem ich mich einließ, mehr noch, ich war nicht in der Lage klar zu sehen, wer dazu fähig war Liebe zu geben, fürsorglich und verantwortungsbewußt mir gegenüber zu sein, wer es wirklich ernst mit mir meinte und wer nicht. Ich hatte kein Gefühl dafür wer zu mir passte, wem ich vertrauen konnte. Stattdessen flog ich blindlings, wie die Motte in das Licht, sobald jemand der mir halbwegs gefiel, viel zu überschwängliches Interesse an mir zeigte und nach kürzester Zeit so Dinge sagte wie: „Ich kann nicht ohne Dich leben!“ :/ Statt mich zurückzulehnen, zu beobachten und mit weiblicher Intuition den Mann zu prüfen und zu WÄHLEN, war ICH zum JÄGER geworden … und so jagte ich sie alle davon. Entweder wurde ich zur Furie und machte am Ende selbst Schluss. Oder der Typ zog sich zurück bis klar war, dass das Ding gelaufen war. Das Verrückte dabei war, dass ich die Bestätigung meiner Selbst, dass ich gut und begehrenswert war wie ich war, nie bekam und das obwohl und genau WEIL ich sie so sehr wollte!


Fakt ist: Meine Bedürftigkeit, ausgelöst von meinem mangelnden Selbstwert, hatte mich mit absoluter Präzision zum immer gleichen Ergebnis geführt..

... zu dem Sich-Stapelnden Geschirr in meiner Spüle, dass mich verhöhnte und somit zu einer Kolinda, die von sich selbst noch weniger hielt.


Das ist nämlich das Problem mit der Bedürftigkeit: sie ist nach Aussen gerichtet. Sie will, braucht und fordert. Und von Aussen braucht man nur etwas, dass man sich selbst gegenüber verwehrt weil man eine simple und zugleich mächtige Wahrheit übersieht:


Du kannst nur so sein, wie Du bist, etwas anderes ist nicht möglich..

... zumindest nicht in der Wirklichkeit, in der Realität. Dein Verstand kann sich alle möglichen SOLLTE-Szenarien ausmalen und sich dabei eine bunte Parallelwelt in Deiner Fantasie erschaffen, doch die Realität wird immer gewinnen. Solange Du glaubst, Du solltest anders sein oder, dass Du nur wertvoll bist wenn Du etwas hast oder tust, macht sich die Leere in Dir breit. Diese Leere zu füllen wird dann zum Quest, der immer zum Scheitern verurteilt sein wird. Es ist dasselbe als würdest Du versuchen gegen die Schwerkraft anzugehen: einfach hoffnungslos.


Ich gebe zu, die Sache mit dem Selbstwert ist ne harte Nuss. Ich selbst habe sie ohne Hilfe von Aussen nur geknackt, weil ich mich wie ein Terrier festgebissen hatte und nicht locker ließ, bis ich die Wahrheit in meinem Inneren gefunden und verstanden hatte. Dabei war es entscheidend, dass ich meinen Wert wirklich spüren konnte und das war nur möglich, weil ich mich dem Gedanken stellte, der mich seit Jahrzehnten wie ein Schatten begleitet hatte. Ich war entschlossen diesen Gedanken als das zu behandeln was er war: nur ein Gedanke. Ich erkannte, dass erst das Glauben dieses Gedankens, und nicht der Gedanke an sich, mein Leiden verursacht hatten. Also hinterfragte ich ihn, überprüfte ihn auf Richtigkeit und Nützlichkeit und glich ihn mit der Realität ab. Die Fragen, die ich mir dabei stellte und die schließlich mein Leben verändert hatten waren:


In der Realität, ist es da möglich, dass mir ein anderer Mensch Wert gibt oder nimmt?

Hat jemand die Macht dazu wenn ich unerschütterlich in meinem Selbstwertgefühl bin und glaube dass ich gut bin wie ich bin? Spielt es da noch eine Rolle ob mich jemand als wertvoll betrachtet oder nicht? Ist es realistisch überhaupt möglich, dass etwas oder jemand keinen oder einen geringeren Wert besitzt als ein Anderer?


Als ich schließlich meinen Wert als Frau und Mensch erkannt hatte und spüren konnte, gab es kein Zurück mehr. Mein Leben veränderte sich dramatisch, innerhalb kürzester Zeit. Ich war plötzlich in der Lage die Menschen, vor Allem Männer, klar zu sehen, sie irgendwie zu durchschauen. Sie waren für mich ein offenes Buch. Knapp einen Monat später lernte ich meinen jetzigen Mann kennen denn ich wusste jetzt genau was ich wollte und welche Qualitäten in einem Mann für mich wichtig waren. Aber vor Allem brauchte ich nichts, von niemandem. Ich war mir selbst genug. Und das veränderte Alles! Mir wurde klar, dass mir kein Mann das hatte geben können was ich WIRKLICH gebraucht hatte: die tiefe Gewissheit, dass ich WERTVOLL BIN. Der Beweis liegt ganz klar auf der Hand: ich BIN, ich existiere. Eine höhere Verifizierung als diese gibt es nicht.


Wann immer ich heute dieses ungesunde Ziehen in meinem Inneren spüre, weiß ich, dass ich mich von mir selbst entfernt habe und renne schleunigst wieder nach Hause zurück. Ich bin mein sicherer Hafen und die Einzige, die die innere Leere füllen kann weil nur die bedingungslose Liebe zu sich selbst diese Macht hat.


„Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.

Die Liebe hört niemals auf.“

Quelle: Korinther 13


Ich koche Mokka als er verschlafen in die Küche watschelt. Bumi begrüßt ihn mit einem kurzen und fröhlichen miauen, schmiegt sich an sein Bein und hofft auf eine Extraportion. „Kleiner Dicker“ - er krault ihn hinter dem Ohr. Ich schaue in die blauen Augen und fühle mich geachtet, geliebt und frei.


<3 Kolinda Groe

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