Warum sich das Ego nicht einfach weg sperren lässt und wie die sanfte Macht der Selbstliebe es zähmen kann… und… was Harry Potter damit zu tun hat :)
Jeder trägt es in sich, kennt das Spiel zwischen Engelchen und Teufelchen und manchmal, wenn wir meinen, dass wir mittlerweile schlauer sind, weil wir ja ach so bewußt und achtsam sind, kommt es doch irgendwie immer durch die Hintertür reingeschlichen: Das Ego.
Es flüstert uns Dinge zu wie: „Du bist was Besseres, Du musst es zu etwas bringen, Du weißt es besser, Du brauchst nichts und niemanden“ oder auch: „Wenn Du dir das Auto kaufst, beim Job mehr leistest, dann bist Du wer, sie werden Dich dann akzeptieren, Dich loben, Dir Anerkennung zollen!“. Oft versucht es uns auch schlicht von Dingen abzubringen die neu und unbekannt sind, die aber in Wirklichkeit zu einer Lösung führen könnten.
Die Comfort Zone ist das Haus in dem das Ego wohnt und sein Energieversorger ist die Angst.
Sehr oft ist es die Angst davor unbedeutend, nicht wertvoll oder schutzlos zu sein. Vor Allem aber ist das Ego nach Aussen gerichtet und sucht immer nach dem Sündenbock der dafür verantwortlich ist, dass es gerade nicht läuft. Es lenkt von dem wahren Problem ab, nämlich, dass man innerlich vor irgendetwas davonläuft, meistens vor sich selbst. Und ganz, ganz oft läuft man dabei in Richtung Zukunft, (wo man natürlich nie ankommt) in der dann vermeintlich alles besser ist; auch das ist ein Bild der Illusion, die das Ego malt. In jedem Fall redet es Dir ein, dass Du das Loch in Deinem Herzen mit etwas von aussen stopfen kannst. Doch das funktioniert bestenfalls wie ein Pflaster auf einer tiefen Fleischwunde: kurzzeitig und nicht nachhaltig. Schließlich hat man irgendwann einfach nur ganz viele Pflaster auf einer riesigen Wunde und ist damit leider alles andere als gut versorgt, von Heilung ganz zu schweigen.
Ich habe meinem Ego dann irgendwann mal einen Namen gegeben und nenne ihn seitdem: Bodo. Woher ich ausgerechnet den Namen habe? Ganz ehrlich? Ok, also ich habe einfach, als Bodo mich wieder mal mit Facebook abgelenkt hat (Stichwort: Prokrastination) um sich mit den anderen seiner Art zu messen (seine Lieblingsbeschäftigung), einen dieser lustigen Onlinetests gemacht um meinen Koboldnamen herauszufinden (WTF ?!?)… vielleicht weil es sich in dem Moment genauso in meinem Kopf angefühlt hatte: als würde mir ein Kobold ständig irgendwelche Streiche spielen, um mich zu verwirren und von dem abzulenken, was gerade wie eine Herausforderung aussah und mich tief drinnen eigentlich einschüchterte.
Das erinnert mich übrigens an Harry Potter und den Irrwicht, die bildhafteste Darstellung des Ego, dass sich aus Angst nährt:
„Der Irrwicht ist ein Schreckgespenst, das jedem anders erscheint. Es lauert in einem Schrank, einer Truhe oder dergleichen, wo es dunkel ist und wo keiner es sehen kann. Kaum wird es befreit, tritt es einer Person in der Gestalt entgegen, vor der sie sich am meisten fürchtet.“
(Quelle: Wikipedia/Harry Potter Wiki)
Bei Harry Potter existiert dieses Schreckgespenst im Außen, als die Personifizierung von Ego und Angst. In unserer Realität ist es wie ein Schatten der in jedem von uns und wohnt und somit auch ein Teil von uns ist. Es versteckt sich in den Ecken unseres Unterbewusstseins und tritt in Erscheinung sobald wir in Widerstand - und/oder Verteidigungsmodus sind oder der Sucht nach Anerkennung erliegen und dringend wieder einen „Schuss“ brauchen.
Meinen Bodo dürstet es vor Allem nach Anerkennung. Aber er ist mittlerweile so schlau, das nicht offen auszusprechen. Stattdessen sagt er dann so etwas wie: „Aber Du bist ja schon viel weiter (als die Anderen), Du bist frei von solchen egoistischen Bedürfnissen“ HA! Und dabei tut Bodo genau das, was er immer tut: er erhöht mich auf ein Podest damit ich mich besser fühle. Er benutzt halt keine Pflaster, sondern packt mich in Watte. Aber das Ergebnis ist immer dasselbe...
... ich fühle mich von den Anderen getrennt und das macht mich einsam.
Also ich allein gegen die ganze Welt. Dabei funktioniert das Leben nicht ohne Beziehungen. Wie Brene Brown (Autorin von „Daring Greatly“ und Empathie-und-Verletzlichkeit-Forscherin) so schön sagt: „Wir sind genetisch darauf programmiert in Beziehung zu Anderen zu treten“ und da stimme ich ihr vollkommen zu. Aber zurück zu Harry Potter und seinem Irrwicht:
„Um als Einzelperson einen Irrwicht unschädlich zu machen, ist der "Riddikulus"-Zauber wirksam. Günstig ist es dafür, sich die Schreckensgestalt vorzustellen, die der Irrwicht höchstwahrscheinlich annehmen wird. Durch irgendetwas muss diese Vorstellung dann so verändert oder entstellt werden, dass sie nicht mehr als erschreckend, sondern als lächerlich empfunden wird. Danach kann der Irrwicht mit dem "Riddikulus"-Zauberspruch in ebendiese lächerliche Form gezwungen und danach durch Gelächter zum Zerplatzen gebracht werden.“
(Quelle: Wikipedia/Harry Potter Wiki)
Hm… also ich muß zugeben, Bodo einen nicht so bedrohlichen Namen zu geben, hat schon Vieles verändert. Ich habe dadurch gelernt ihn nicht ganz so ernst zu nehmen und auf der anderen Seite ihn als einen Teil von mir zu akzeptieren. Mit Humor lässt sich zwar Einiges leichter nehmen doch „das Irrwicht lächerlich machen“ funktioniert leider nicht immer:
„Dies funktioniert aber dann nicht, wenn der Irrwicht eine Person so erschreckt, dass sie ihn nicht lächerlich machen kann.“ (Quelle: Wikipedia/Harry Potter Wiki)
Tja, also was tun wenn Bodo sich in ein Monster verwandelt hat und ich so große Angst vor ihm habe, dass ich instinktiv weglaufen möchten?
Da kommt die Selbstliebe ins Spiel: Normalerweise wollen wir, sofern wir uns des Egos bewußt sind, diesen Teil von uns abspalten und loswerden. Er stört, nervt und tut weh. Wer es schon mal versucht hat wird feststellen, dass es so nicht funktioniert. Und das liegt auch in der Natur der Sache, denn:
Das, wogegen wir unseren Widerstand richten, bleibt bestehen. Das, was angeschaut wird, kann gehen.
Der Schlüssel liegt also darin genau das Gegenteil zu tun. Statt Bodo loswerden zu wollen, nehme ich all meinen Mut zusammen und stelle mich ihm. Ich rede mit ihm, frage ihn was los ist, vielleicht tröste ich ihn, und ich bin ihm, im wahrsten Sinne des Wortes ein Freund! Letzten Endes ist er ja ein Teil von mir… was bedeutet, wenn ich Angst vor ihm habe, habe ich letztlich einfach nur Angst vor mir selbst.
Er ist in meinen Gedanken und ist mir näher als irgendjemand es sein kann… und genau deshalb hat auch Bodo meine Liebe verdient. Sobald ich mich ihm zuwende und ihm bewußt zuhöre und zwar OHNE ihn verändern oder therapieren zu wollen, beruhigt er sich oft von selbst. Manchmal wird er dann lieb und handzahm, manchmal wird er sogar zum guten Kumpel und andere Male löst er sich einfach in Luft auf.
Das bedeutet nicht, dass Bodo nie wieder kommt. Doch alleine das Wissen und die Erfahrung darum, wie ich mit ihm umgehen kann, hat unsere Beziehung verändert und das wiederum hat seine und meine Lebensqualität erheblich verbessert. Natürlich streiten wir ab und zu immer noch :D Doch im Großen und Ganzen nehme ihn an, so wie er ist und male mir kein falsches Bild aus darüber, wie er sein sollte, denn das ist es, was ihn noch mehr aufregt und für mich letztlich Stress bedeutet. Bodo will einfach meine ungeteilte Aufmerksamkeit und die gebe ich ihm.
Mitgefühl transformiert das Ego, Selbstliebe heilt es.
Das Ego ist ein Kobold, ein Formwandler, der Irrwicht: manchmal ist es ein kleines Kind, dass um Aufmerksamkeit buhlt, manchmal das Monster unter dem Bett und manchmal einfach nur die leise Stimme des Zweifels, die Dich in einem Gefängnis der Sicherheit hält, und Dir weiß macht, dass Du etwas nicht bist oder nicht kannst. Doch wenn Du ihm mit Liebe begegnest, ihm Dein Herz öffnest und aufhörst Dich zu verteidigen, siehst Du sehr bald, dass dieser Irrwicht einfach nur, ein Teil von Dir ist, der sich einsam, alleine und ausgestoßen fühlt. Mitgefühl transformiert ihn, Selbstliebe heilt. Sie hüllt euch beide ein wie eine weiche Kaschmirdecke und gibt die Geborgenheit und Sicherheit, die ihr beide so sehr braucht.
Dein Ego und Du seid ein Leben lang miteinander verbunden, ihr könnt euch nicht aus dem Weg gehen. Ob Du ihm als Freund oder Feind begegnest bleibt Dir überlassen. Ich weiss nur eines: Das Eine tut weh, das Andere nicht.
Ich habe in meinem Leben genug gelitten indem ich Krieg gegen mich selbst geführt habe und ich habe dabei nichts erreicht ausser noch mehr Krieg und Verzweiflung, sowohl in meinem Inneren wie auch in meinem Aussen.
Mutter Teresa hat einmal gesagt: „Ladet mich nicht zu einer Anti-Kriegs-Demo ein sondern zu einer Friedens-Demo.“ Sie wusste, dass man die Dunkelheit nicht mit noch mehr Dunkelheit bekämpfen kann, alleine das Licht der Liebe ist dazu fähig.
Ich kämpfe nicht mehr. Weder gegen mein Ego noch gegen andere. Es ist eine Entscheidung, die ich jeden Tag aufs Neue treffe und sie lautet: Frieden. Bodo hat sich mittlerweile damit arrangiert.. und ich auch :)
<3 Kolinda Groe
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